Freitag, 16. November 2012

Vickrey zum Ersten: Die Sparpolitik belastet zukünftige Generationen

Angesichts der erneuten Rekordwerte der Arbeitslosigkeit in Europa nehme ich mir ein Beispiel an Paul Krugman und wiederhole das offensichtliche wieder und wieder. Diesmal bringe ich einfach die Argumente von William Vickrey, dem bedeutenden Ökonomen und Nobelpreisträger, die er kurz vor seinem Tode (und vor dem Erhalt des Nobelpreises) niedergeschrieben hat. Er skizziert fünfzehn fatale Fehler des fiskalischen Fundamentalismus. Hier ist der erste.

Staatliche Defizite werden als sündhafte verschwenderische Ausgaben zu Lasten künftiger Generationen gesehen. Diese zukünftigen Generationen würden dann über geringere Kapitalausstattung verfügen als ohne diese Defizite. Dieser Trugschluss scheint aus einer falschen Analogie mit der Kreditaufnahme privater Haushalte herzurühren.  

Tatsächlich trifft gegenwärtig das nahezu genaue Gegenteil zu. Defizite erhöhen das verfügbare Einkommen der Individuen in dem Ausmaß, in dem Staatsausgaben private Einkommen darstellen, welche die Zahlungen für Steuern Gebühren und anderes übersteigen.
Diese zusätzliche Kaufkraft, wenn verwendet, schafft Märkte für private Produktion und veranlasst die Produzenten, in die Schaffung zusätzlicher Produktionskapazitäten zu investieren. Diese zusätzlichen Kapazitäten kommen den zukünftigen Generationen als reales Erbe zugute. Dies kommt zu den öffentlichen Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Forschung und dergleichen hinzu. Defizite, die hinreichend groß sind um die Ersparnis aus einem wachsenden Sozialprodukte über das hinaus einer Verwendung zuzuführen, was von gewinnorientierten private Investitionen geleistet werden kann, sind keine ökonomische Sünde, sondern eine ökonomische Notwendigkeit. Defizite, die die Lücke zwischen  maximal erreichbarem Wachstum und tatsächlichem Output übersteigen, können in der Tat Probleme verursachen, aber wir sind weit von diesem Beschäftigungsniveau entfernt.

Auch die Analogie selbst ist fehlerhaft. Wenn General Motors, AT & T, und einzelne Haushalte gezwungen gewesen wären, ihre Haushalte in der Weise auszugleichen, wie dies die fiskalischen Fundamentalisten von der Bundesregierung  verlangen, gäbe es keine Aktien und Anleihen, keine Bankkredite, und und viel weniger Autos, Telefone, und Häuser.
Da kommt dann der Einwand: "Ist ja alles richtig, aber wer soll das bezahlen?" Dieser Einwand beruht wiederum auf einer falschen Analogie zum Privathaushalt, wie beispielsweise hier noch einmal nachzulesen ist. Auf jeden Fall entkräftet dieser "Einwand" nicht die Tatsache, dass durch Sparmaßnahmen Ressourcen (Arbeitskräfte und Produktionsanlagen) ungenutzt bleiben -- er bestätigt vilemehr die These. Die Verschwendung von Ressourcen geht nicht nur zu Lasten der gegenwärtigen Generationen, insbesondere der Jugendlichen, sondern, wie Vickrey richtig darlegt, auch zu Lasten zukünftiger Generationen. Es handelt sich um ein massives Marktversagen, das bekämpft werden muss, gerade auch im Interesse zukünftiger Generationen. Der fiskalische Fundamentalismus bewirkt das Gegenteil. Es ist eine Schande, zu Lasten gegenwärtiger und zukünftiger Generationen diese Verschwendung aus Denkfaulheit einfach zu akzeptieren statt sie zu bekämpfen.

William Vickrey (1996) Fifteen Fatal Fallacies of Financial Fundamentalism A Disquisition on Demand Side Economics.  October 5, 1996 .



1 Kommentar:

  1. Schön, dass hier mal wieder ein neuer Beitrag erschienen ist. Den Beitrag von Vickrey muss ich mir wirklich merken. Gut wäre es, wenn man das irgendwie grafisch aufbereiten könnte, im Sinne des Debunking Handbooks: http://www.skepticalscience.com/docs/Debunking_Handbook.pdf

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