Wenn man den Privaten stärkere Anreize zum Bilden von Ersparnis gibt, würde dies angeblich die Investitionen und das wirtschaftliche Wachstum anregen. Diese These scheint auf der Annahme eines festen volkswirtschaftlichen Produktionsvolumens zu beruhen, sodass alles was nicht konsumiert wird automatisch der Kapitalbildung dient.
Wiederum ist das genaue Gegenteil richtig. In einer Geldwirtschaft bedeutet die Entscheidung, mehr zu sparen typischerweise zugleich, weniger zu konsumieren. Verringerte Konsumausgaben eines Sparers bedeutet geringeres Einkommen und geringere Ersparnisse für die Verkäufer und Produzenten. Die volkswirtschaftliche Ersparnis wird dabei nicht erhöht, sondern tatsächlich verringert, weil die Verkäufer ihrerseits ihre Käufe verringern. So wird letztlich das Volkseinkommen und die volkswirtschaftliche Ersparnis reduziert. Ein einzelner Haushalt kann in der Tat seine eigene Ersparnis erhöhen, aber dies geht einher mit verminderten Einkommen und verminderter Ersparnis von anderen einher. Diese Reduktion von Einkommen und Ersparnis der anderen Haushalte übersteigt die anfängliche zusätzliche Ersparnis des einen Haushalts.
Wenn verringerten Ausgaben für nicht lagerfähige Dienste, wie Haare schneiden, zu zusätzlicher Ersparnis führen ist die Wirkung auf das Einkommen und die Ersparnis des Verkäufers direkt und offensichtlich. Wenn lagerfähige Güter betroffen sind, mag bei Nachfragerückgang eine kurzfristige Erhöhung des Lagerbestandes, und damit eine Lagerinvestition, die Folge sein, aber diese wird schnell abgebaut, wenn der Verkäufer seine Bestellungen bei seinen Zulieferern reduziert um seinen Lagerbestand auf ein normales Niveau zurückzuführen. Letztlich führt dies alles zu einer Reduktion der Produktion insgesamt, und damit zu einer Vermiderung der Beschäftigung und des Volkseinkommens.
Ersparnisse erzeugen keine erweiterten Kreditspielräume aus dem Nichts. Es gibt keinen Grund warum die Erhöhung des Bankguthabens des Sparers die Kreditvergabemöglichkeiten der Bank um mehr erhöht als die Kreditvergabemöglichkeiten der Bank des Verkäufers eingeschränkt werden.
Wahrscheinlich wird der Verkäufer eher in Wertpapiergeschäften tätig sein und Kredite beanspruchen, die durch sein Geschäft besser abgesichert sind als beim Käufer, der eher steuerbegünstigte Altersvorsorge und ähnliches betreibt, sodass die Sparanreize das Gesamtvolumen der Bankkredite insgesamt reduzieren. Der Versuch, mehr zu sparen und weniger auszugeben erhöht in keiner Weise die Bereitschaft der Banken und anderer Finanzierungsinstitutionen, erfolgversprechende Investitionsprojekte zu finanzieren. Bei unausgelasteten Kapazitäten ist zusätzliche Ersparnis weder eine Voraussetzung noch ein Ergebnis von Kapitalbildung, weil ja das zusätzliche Einkommen, das durch Kapitalbildung entsteht, eine Quelle zusätzlicher Ersparnis darstellt.Hier spielt Vickrey auf das sogenannte "Sparparadox" an: Wenn alle mehr sparen möchten, wird insgesamt weniger gekauft und es wird weniger produziert. Die Unternehmungen werden dann weniger investieren und die volkswirtschaftliche Ersparnis wird geringer ausfallen als sie vor der zusätzlichen Sparanstrengung war. Vickrey argumentiert zusätzlich, dass auch die Kreditmöglichkeiten in Folge einer solchen zusätzlichen Sparanstrengung eingeschränkt werden. Das trifft auf jeden Fall in der gegenwärtigen Situation zu, wo die risikofreien Zinsen nahezu Null sind und sich höhere Zinsen allein durch Risikoaufschläge bestimmen, denn bei einer geringeren Nachfrage werden die Investitionen riskanter und damit die Risikoaufschläge und die Zinsforderungen der Banken höher..
William Vickrey (1996) Fifteen Fatal Fallacies of Financial Fundamentalism A Disquisition on Demand Side Economics. October 5, 1996 .
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