Sonntag, 15. Februar 2015

Nahezu griechische Praktiken: Wolfgang Schäuble und Siegmar Gabriel wollen das staatliche Hauhaltsdefizit verstecken (auslagern) - zu sehr hohen Kosten


Bekanntermaßen hatten die Griechen ihre Staatsschulden vorübergehend  zu Goldmann-Sachs ausgelagert, zu sehr hohen Kosten, aber mit dem Effekt, dass diese Schulden aus dem Budget verschwanden und die Erfüllung der Konvergenzkriterien den Euro-Beitritt ermöglichte. Ähnliches, allerdings dauerhaft und in wesentlich größerem Maßstab, planen nun Schäuble, Gabriel und Dobrindt.

Das Prinzip ist einfach: Man möchte bestimmte Staatsausgaben, z.B. den Straßenbau,  mit Krediten finanzieren. Das ist an sich ein vernünftiges Anliegen, denn solche Investitionen lassen sich nicht aus den laufenden Einnahmen finanzieren. Eine Kreditfinanzierung  würde aber zu einer Erhöhung der staatlichen Kreditaufnahme führen und das zentrale Politikziel von Wolfgang Schäuble, die schwarze Null, unmöglich machen. Deshalb gründet man eine Unternehmung, die sich in Staatsbesitz befindet. Diese kann sich beliebig verschulden ohne dass das im Staatshaushalt aufscheint, da es sich ja um eine eigenständige Unternehmung handelt.

Genau das planen Schäuble, Gabriel und Dobrindt. Die Mittelbayerische Zeitung beschreibt das so:

In Zukunft könnten sämtliche Straßen des Bundes an eine Bundesfernstraßengesellschaft übertragen werden. Es geht dabei um nicht weniger als 12 917 Kilometer Autobahnen sowie 41 139 Kilometer Bundesstraßen. Die geplante Gesellschaft, die weiterhin in Bundesbesitz verbliebe, soll dann den kompletten Unterhalt dieses Straßennetzes übernehmen. Dafür bekäme sie allerdings keine Steuermittel aus dem Bundeshaushalt mehr, sondern müsste ihre Aufgaben aus Mauteinnahmen selbst finanzieren.
Darüber hinaus bestünde allerdings die Möglichkeit, notwendige Investitionen in die Bundesfernstraßen durch Kapital von privaten Investoren, etwa Versicherern, Banken, Fonds zu finanzieren. Dies könnte in Form von Krediten, Anleihen oder Genussrechten erfolgen.
Die Versicherungen sind begeistert. Wenn sie allerdings dieser staatlichen Bundesfernstraßengesellschaft Kapital zur Verfügung stellen, wollen sie natürlich Zinsen, das kann jeder verstehen, und diese wären durch den Besitzer der Gesellschaft, den Staat, garantiert. Die  Allianz denkt z.B. an 7% Rendite. 

Natürlich wäre es eine bessere Möglichkeit für alle (außer Allianz & Co.), wenn der Staat selbst Kredite zu 0,5% Zinsen für die Bundesfernstraßengesellschaft aufnimmt und diese der  Geselleschaft zu  1% Zinsen zur Verfügung stellt (statt der 7%, wie bei Allianz & Co.). Dann hätte die Bundesfernstraßengesellschaft geringere Kosten, der Staat hätte zusätzliche Einnahmen und die Autofahrer geringere Mautgebühren. Das gilt übrigens völlig unabhängig von dem augenblicklichen Zinsniveau, denn die Verzinsung von Staatspapieren ist immer geringer als die auf dem Kapitalmarkt herrschenden Zinsen, wegen des geringeren Risikos der Staatspapiere.

Bei der von Schäuble und Gabriel geplanten Auslagerung der Staatsschulden bekommen Allianz & Co. eine Verzinsung, wie sie für risikobehaftete Kredite marktüblich ist, die Kredite an die Bundesfernstraßenagentur sind jedoch durch den Staat verbürgt und damit risikofrei.  Ein gutes Geschäft für die Versicherungen auf Kosten der Autofahrer und der Steuerzahler! Wenn griechische Politiker soetwas machen würden, würde ich persönliche Vorteile der entscheidenden Politiker oder den Druck der Troika als Handlungsmotive im Hintergrund vermuten. In Deutschland haben wir aber keine Troika ... Oder anders ausgedrückt: Bisher habe ich von den dreien jedenfalls Wolfgang Schäuble für eine ehrliche Haut gehalten. Angesichts der Tatsache, dass dieses skandalöse Projekt verfolgt wird ohne dass ein Nutzen für die Bürger erwähnt wird (es gibt ja nur Kosten), rühren sich nun Zweifel.

Zur Erinnerung:  Im alten Grundgesetz hieß es in Artikel 115 Absatz 1 Satz 2
Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushalts­plan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamt­wirtschaft­lichen Gleich­gewichts.
Diese sinnvolle Regel ist durch die Schuldenbremse ersetzt worden, die kreditfinanzierte Investitionen ausschließt. Statt die Schuldenbremse zu kippen, wollen Schäuble, Gabriel und Dobrindt die Schulden, die beim Straßenbau entstehen, in eine ausgelagerte staatliche Unternehmung verschieben.

Die Investitionsbremse namens Schuldenbremse sollte durch eine sinnvolle Regelung ersetzt werden, z.B. durch die alte Grundgesetzregelung, und  Schuldenbestimmungen im Vertrag von Maastricht sollten durch sinnvolle Regelungen ersetzt werden, die dann natürlich europäisch überwacht werden müssen.

Übrigens: Die Schuldenbremse und Maastricht sind nicht nur direkte Ursachen für die gegenwärtige Deflationsproblematik,  die Schuldenbremse schützt nicht einmal vor Inflation!

Nachtrag 16.2.2015: Norbert Häring hat Muster für ein Protestschreiben an Ihren Abgeordneten und einen Link zum Finden Ihres Abgeordneten ins Netz gestellt. Ich werde das verwenden.

Nachtrag 16.2.2015: Hier mein etwas umformulierztes Schreiben an meine Abgeordneten:
Betreff Neue Autobahnfinanzierung
Sehr geehrter Herr .... , bitte verhindern Sie als mein Wahlkreisabgeordneter, dass Allianz, Deutsche Bank, Ergo und andere Finanzunternehmen die Refinanzierungskosten für die überregionalen Straßenverkehrswege zur eigenen Gewinnsteigerung und zu Lasten des Steuerzahlers von 0,5% auf 3 - 5 % anheben. Dies würde eine unglaubliche Subventionierung dieser Unternehmungen zu Lasten der Steuerzahler und Autofahrer bedeuten und zudem die (unbestritten notwendigen) Staatsschulden auslagern und damit kaschieren. Mit freundlichen Grüßen Ekkehart Schlicht 

 Ihren Wahlkreisabgeordneten finden Sie hier.


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