Donnerstag, 9. Mai 2013

Warum Haushaltskonsolidierung langfristig kontraktiv wirkt

Dass eine Politik der Haushaltskonsolidierung (also Ausgabenkürzungen des Staates oder Steuererhöhungen oder beides) kurzfristig kontraktiv wirkt, weil die Nachfrage eingeschränkt wird, dürfte hinreichend klar sein.  In einer inflationären Situation ist diese kontraktive Wirkung erwünscht, in einer Unterbeschäftigungssituation, (erneut Rekordarbeitslosigkeit in Europa) ist dies aber wirtschaftlich (und sozial) unerwünscht, geradezu verheerend.

Was aber ist langfristig?  In Umkehrung des Arguments, warum Staatsverschuldung kurzfristing und langfristig expansiv wirkt kann man sagen: Haushaltskonsolidierung (also Abbau der Staatsschulden) wirkt kontraktiv, insbesondere auch langfristig. Im folgenden soll das, anknüpfend an den früheren Eintrag, etwas ausgeführt werden.

Man betrachte, wie in dem früheren Eintrag, eine Wirtschaft die nominal mit 4% wächst und bei der die Staatsausgaben ebenfalls um 4% wachsen. Die Staatsausgaben betragen 30%. 10% dieser Ausgaben werden durch Kreditaufnahme finanziert. Die Zinsen betragen 5%. Weil das schon immer so war, hat sich die Staatsschuld bei einer Schuldenquote von 75% stabilisiert. Die zur Finanzierung von 90% der Staatsausgaben und der Bedienung der Staatsschulden von 75% des Bruttoinlandsproduktes bei einem Zinssatz von 5% notwendigen Steuern sind

0,9*0,3*Bruttoinlandsprodukt +0,05*0,75*Bruttoinlandsprodukt

also 30,75% des Bruttoinlandsproduktes.

Ohne Staatsverschuldung betragen die Steuern 30% des Bruttoinlandsproduktes. Bei Staatsverschuldung sind die Steuern mithin um 1,025% höher, oder bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, um 0,75% höher. Die Zinseinkünfte aus dem Besitz von Staatsschuldpapieren betragen, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt,  3.75%. Dieses Einkommen entsteht ohne Staatsschuld nicht. Der langfristige Einkommensverlust von 3,75%, der bei komplettem Schuldenabbau entsteht, übersteigt die Steuerreduktion von 0.75% um 3%. Dies ist die langfristige Restriktionswirkung des Schuldenabbaus.


Die kurzfristigen Effekte einer Restriktionspolitik sind natürlich weitaus dramatischer. Wenn der Staat Steuern erhöht oder seine Ausgaben einschränkt, hat dies in einer unterhalb der Kapazitätsgrenze operierenden Wirtschaft Einschränkungen der Produktion, Einkommensrückgang, und dadurch bedingt den Rückgang von Steuereinnahmen und die Zunahme von Transfers und letztlich eine dramatische Steigerung der Staasschulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt zur Folge. Durch Restriktionspolitik werden kurzfristig (und auch mittelfristig) die Staatsschulden erhöht und nicht reduziert. Die Finanzkrise hat durch hohe Zinsen für die Staatsschuld zu Restriktionsmaßnahmen in den betroffenen Ländern geführt, die dann die Staatsverschuldung weiter erhöht haben.  Insofern ist es angebracht, den Vertrag von Maastricht als Instabilitäts- und Stagnationspakt zu bezeichnen. Instabilität wird erzeugt, weil in Zeiten schlechter Beschäftigung Restriktionsmaßnahmen erzwungen werden, die in den besonders betroffenen Ländern die Probleme besonder verschärfen, und Stagnation wird erreicht, weil Investitionen gebremst werden, die betriebliche Aus- und Weiterbildung reduziert wird und Jugendliche en masse in die Hoffnungslosigkeit getrieben werden.

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