Richard Easterlin bemerkt dazu:
Die Antwort ist, dass die Menschen ihre Einkommenssituation unterschiedlich bewerten wenn die Wirtschaft expandiert oder wenn sie schrumpft. Wenn im Zuge des Wirtschaftswachstums die Einkommen im Allgemeinen steigen, wird die Bewertung von "sozialem Vergleich" dominiert - was mit den Einkommen der anderen geschieht. Ein Anstieg des Einkommens der anderen untergräbt die Tendenz, dass die Zufriedenheit mit dem eigenen Einkommen wächst - die Zufriedenheit bleibt dann ziemlich konstant. Aber in einer Rezession, in der die Menschen zunehmend Schwierigkeiten haben, ihren festen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, ändert sich die Einkommensbewertung. Die finanzielle Klemme -- der Rückstand gegenüber dem zuvor erzielten Einkommen -- nimmt zu. Je größer der Rückstand, desto geringer ist die Zufriedenheit.
Es besteht also eine Asymmetrie bei der Bewertung von Einkommensänderungen, je nachdem ob das Einkommen steigt oder fällt. Dies führt zu einer entsprechenden Asymmetrie in der Reaktion der Zufriedenheit auf Einkommensveränderung.
In einer sehr groß angelegten Studie von DeNaeve und anderen (2018) ist dieser Effekt nachdrücklich bestätigt worden. (Duesenberry hatte bereits 1949 auf diesen "Sperrklinken-Effekt" als empirisches Phänomen hingewiesen, der auch auf den Konsum durchschlägt.)
Bei Einkommenssteigerungen steigt also das Wohlbefinden, bei Einkommensverringerungen fällt es. Man könnte nun daraus schließen, dass langfristig das Wohlbefinden im Durchschnitt zunimmt wenn das Einkommen im Durchschnitt wächst. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Die Autoren bemerken:
Negative Wachstumsjahre sind signifikant mit einer Abnahme von Glück und Freude und einer Zunahme von Sorgen und Stress verbunden, die die Befragten während dieser Zeiträume erfahren. Positives Wachstum geht aber nicht mit mehr Glück und Freude einher.
Die Autoren veranschaulichen das mit der folgenden Graphik:
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Der (schematische) Zusammenhang zwischen Einkommen und Wohlbefinden (Link). |
Also wiederum eine Bestätigung von Duesenberry's Relativeinkommenshypothese - siehe meine früheren Posts hier, hier und hier - nun mit einer detaillierteren Darstellung des zeitlichen Mechanismus.